System- und Hochvolttechnik für den Beruf Kfz-Mechatroniker

Artikel der Backnanger Kreiszeitung vom 12.12.2017

Eine neue Klasse und viel Diskussionsbedarf

Mechatronik-Azubis sollen künftig auch in Backnang unterrichtet werden – Standort Schorndorf platzt aus allen Nähten


Von Armin Fechter


 

WAIBLINGEN. Die Gewerbliche Schule in Backnang soll eine Klasse für Mechatroniker erhalten. Es wäre die vierte Klasse in diesem Ausbildungsberuf kreisweit. Die drei bereits bestehenden sind an der Grafenbergschule in Schorndorf angesiedelt. Ob es aber dazu kommt, ist ungewiss. Denn es ist nicht auszuschließen, dass der entsprechende Antrag abgelehnt wird. Dann soll die zusätzliche Klasse in Schorndorf eingerichtet und gleichzeitig die dortige Metallabteilung geschlossen und nach Waiblingen verlagert werden, damit die ohnehin stark gestiegenen Schülerzahlen am Standort Schorndorf nicht vollends durch die Decke schießen.

Soweit der Doppelbeschluss, den der Verwaltungs-, Schul- und Kulturausschuss des Kreistags gestern nach nervöser Diskussion einstimmig gefasst hat.

Das verschnörkelte Vorgehen hat einen Hintergrund, nämlich die Grundsätze der Schulentwicklung. Dr. Michael Vogt, im Landratsamt zuständig für Schulen, Bildung und Kultur, wies darauf hin, dass die drei Schulzentren im Kreis gleichwertig erhalten und weiterentwickelt werden sollen. Nun ist aber die Schere bei den gewerblichen Schulen seit 2009 immer weiter auseinandergegangen: Die Schülerzahlen in Schorndorf sind stark gestiegen, während sie in Waiblingen gesunken und in Backnang etwa gleich geblieben sind. Jedenfalls hat sich der Abstand zwischen Schorndorf und Waiblingen von 597 auf 1243 Schüler glatt verdoppelt. Würde also die neue Klasse für Mechatroniker – eine Ausbildung von dreieinhalbjähriger Dauer – in Schorndorf eingerichtet, würde die Grafenbergschule vollends aus allen Nähten platzen, gab Vogt zu bedenken.

Angebot lässt sich mit bestehenden Berufsfeldern verknüpfen

Gleichzeitig sprechen mehrere Gründe dafür, den Standort Backnang für das zusätzliche Angebot zu wählen. Zum einen haben Firmen in der Murr-Metropole und darum herum einen entsprechenden Bedarf angemeldet. Zum anderen ließe sich die Klasse leicht mit den bestehenden Berufsfeldern Metall- und Elektrotechnik verknüpfen – „ressourcenschonend“, wie Vogt sagte. So könnten etwa die vorhandenen Ausstattungsgegenstände in den Labors und der derzeit entstehende Industrie-4.0-Showroom „optimal in die Unterrichtskonzepte eingebaut und genutzt werden“. Dieser Plan hat jedoch einen Haken: Weil damit ein neuer Schulstandort für den Mechatroniker-Beruf eröffnet würde, löst der entsprechende Antrag ein regionales Schulentwicklungsverfahren aus. Im Zuge dieses Verfahrens hört das Regierungspräsidium auch die Nachbarlandkreise – und werden dabei Vorbehalte angemeldet, kann der Antrag abgelehnt werden.

Das Landratsamt hat sich deshalb bereits nach einer Alternative umgesehen, die da lautet: Schorndorf soll auch die vierte Klasse haben, muss aber dafür die Metallabteilung an Waiblingen abgeben. Backnang ginge bei dieser Lösung leer aus. Was beispielsweise Dr. Gerhard Ketterer (CDU) ganz und gar nicht gefiele: Er machte die örtliche Nähe des Angebots zu den Betrieben geltend. Jürgen Hestler (SPD) wiederum fragte nach, was die Schulleitung in Schorndorf darüber denkt. Oberstudiendirektor Stefan Weißert, zugleich geschäftsführender Schulleiter der beruflichen Schulen im Kreis, gab darauf zu bedenken, dass die Schülerzahlen an den gewerblichen Schulen allgemein auf lange Sicht sinken würden. Deshalb solle man eher auf Konzentration achten, statt Parallelstrukturen zu schaffen. Sonst entstehen womöglich zwei geschwächte Standorte, warnte er – denn nur die ganz großen Einheiten könnten letztlich überleben.

Überrascht über diese Aussage zeigte sich Reinhold Sczuka (CDU), und Andreas Hesky (Freie Wähler) witterte gar den Ruf, aus den drei Schulzentren zwei oder eins zu machen. Schulamtsleiter Vogt indes legte nach: Auf unbegrenztes Wachstum in Schorndorf zu setzen, das wäre kostspielig. Beim großen Revirement 2002 sei viel von Waiblingen nach Schorndorf verlagert worden, rief er in Erinnerung. Daher sei ein gewisser Ausgleich notwendig. Und in Backnang seien die nötigen Investitionen „sehr begrenzt“, erwiderte er auf Nachfrage von Matthias Klopfer (SPD). Die Metallabteilung erforderlichenfalls abzugeben, „tut uns weh“, sagte Weißert. Er zeigte sich aber mit dem Vorgehen einverstanden.

Wie der Ausschuss weiter beschloss, wird in Backnang für den Beruf Kfz-Mechatroniker im dritten Ausbildungsjahr der Schwerpunkt System- und Hochvolttechnik neu eingeführt.

 

 

Artikel der Waiblinger Kreiszeitung vom 12.12.2017

 

 

 

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