Ein Bildungseldorado wird 50 Jahre alt

Artikel der Backnanger Kreiszeitung vom 18.11.2024

Das Berufliche Schulzentrum Backnang hat am vergangenen Samstag sein rundes Schuljubiläum gefeiert. In einem Festakt wird die große gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung der Lehranstalt hervorgehoben.


Von Christoph Zender


 

BACKNANG. Auf den Tag genau vor 50 Jahren hat das Berufliche Schulzentrum (BSZ) Backnang am vergangenen Samstag seine Pforten für Schülerinnen und Schüler geöffnet. Ob diese kalendarische Punktlandung der Tatsache geschuldet ist, dass der Novembersamstag im Jahr 1974 – wie damals üblich – noch ein regulärer Unterrichtstag gewesen war, ließ Jutta Birmele, Schulleiterin der Anna-Haag-Schule (AHS), in ihrer Begrüßungsrede zum Festakt offen. Im Vordergrund steht bei ihr und Isolde Fleuchaus, Leiterin der gewerblichen Schule (GS), sowie dem Leiter der Eduard-Breuninger-Schule (EBS), Wolfgang Waigel, die Freude, gemeinsam mit vielen Gästen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft sowie natürlich Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern den runden Geburtstag ihres Bildungseldorados feiern zu können.

Die Gästeliste wartet in der Tat mit einer Überraschung auf: Mit den ehemaligen Landräten Horst Lässing und Johannes Fuchs sowie dem amtierenden Kreischef Richard Sigel sind die verantwortlichen Schulträger der gesamten 50 Jahre anwesend. Für die Organisatoren der Veranstaltung eröffnet sich dadurch die einmalige Gelegenheit, in zwei Talkrunden das Gestern, Heute und Morgen der Schule zu beleuchten.

Gewohnt humorvoll und pointiert blickt Landrat außer Dienst Horst Lässing auf die Entstehungsgeschichte des Schulzentrums zurück: „Wir wollten mit dem Neubau das berufliche Schulwesen deutlich stärker im Bewusstsein der Bevölkerung verankern und uns so gegenüber den anderen weiterführenden Schulen in Backnang inhaltlich und äußerlich positionieren.“

Ein Argument, das seine Amtsnachfolger nur unterstreichen können. „Für mich persönlich war die beginnende Digitalisierung zu Beginn des 21. Jahrhunderts das Signal, noch mehr in IT am BSZ zu investieren“, erinnert sich Johannes Fuchs an den Aufbau des IT-Zentrums im Jahr 2006 zurück. Ein Projekt, das auch Herbert Nonnenmacher als damaligem Schulleiter der EBS nur allzu präsent ist – wie auch die vielen Partnerschaften und Kooperationen zu Unternehmen, die in jener Zeit entstanden sind.

Diese Nähe von Schule und Wirtschaft hatte einst auch Jürgen Schwab, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Backnang, dazu bewogen, an die Eduard-Breuninger-Schule zu gehen. Heute begleitet sein Institut als Bildungspartner die Schule. „Mit der Activa e. G. können die Lernenden einen realen genossenschaftlichen Betrieb kennen- und führen lernen“, erläutert Schwab das gemeinsame Projekt von Bank und Schule.

Der wirtschaftliche Wettbewerb ist groß

Auf die aktuellen Herausforderungen für unsere Wirtschaft und damit auch für die berufliche Ausbildung weist Landrat Sigel in seinem Grußwort und als Teilnehmer der zweiten Talkrunde hin. „Für mich ist die Vielfalt in der Ausbildung die Grundlage für Innovationen in der Zukunft. Wir sollten jetzt nicht vor den aktuellen wirtschaftlichen und politischen Veränderungen erstarren, sondern auf unsere Leistungsfähigkeit vertrauen und diese weiterentwickeln“, plädiert er für ein selbstbewusstes Handeln.

Dass dies heute wichtiger denn je ist, merkt Janina Troniarsky, kaufmännische Leiterin der Itronic GmbH in Erdmannhausen, an. Wie viele andere Unternehmen aus der Region engagiert sich auch Itronic als Bildungspartner. „Mit Standorten etwa in Ungarn und Mexiko stellen wir fest, dass manche Schwellenländer uns beim fachlichen Know-how eingeholt, wenn nicht sogar überholt haben“, beschreibt sie den Wettbewerb, den sie als IT-Unternehmerin erlebt. „Umso wichtiger ist es, dass Schulen und Betriebe eine Plattform für eine in die Zukunft gerichtete Ausbildung bieten“, so Troniarsky. Den Hinweis greift der für die berufliche Schulen am Regierungspräsidium Stuttgart zuständige Referatsleiter, Martin Sabelhaus, auf. „Wir wissen, dass die beruflichen Schulen traditionell etwas im Hintergrund rangieren“, gesteht Sabelhaus ein, um gleichzeitig zu ergänzen, dass „wir an den beruflichen Schulen eine Lehrerversorgung von 100 Prozent haben“.

Dass dies auch ein wichtiges Anliegen der Schülerinnen und Schüler ist, unterstreichen die Schülersprecherinnen Mailin Schmid (AHS) und Sophie Benkoe (GS). „Für uns ist zudem wichtig, dass wir schulübergreifend viele Eindrücke voneinander gewinnen können“, weist Sophie Benkoe auf eine Besonderheit am BSZ hin.

Was aus personeller Vielfalt entstehen kann, demonstriert die Theater-AG in einer gelungenen Kurzaufführung. Als besonderen Clou haben sich die jungen Schauspielerinnen und Schauspieler unter die Zuschauer gemischt, um zu deren Überraschung plötzlich auf die Stühle zu springen und in einer Art Zwiegespräch den Schulalltag in den Jahren 1974, 2024 und 2074 szenisch darzustellen. Die Eindrücke reichen von der Wissensvermittlung à la „Nürnberger Trichter“ in den 70er-Jahren über die Folgen des Klimawandels an den heutigen Schulen bis zu einem durch Gamification (Lernen mit spieltypischen Elementen) geprägten Schulleben in der Zukunft.

Dass die Zukunft bereits Einzug ins BZS gehalten hat, konnten die zahlreichen Besucherinnen und Besucher bei einem Rundgang über das weitläufige Areal der drei Schulen erleben. Vom technisch-gewerblichen Bereich mit dem zukunftsweisen Wasserstofflabor Hylab über die Angebote für Soziales, Ernährung und Gesundheit an der AHS bis zu den Unternehmensinitiativen an der EBS reicht die Plattform, mit der die Schülerinnen und Schüler praxisorientiert auf ihr späteres berufliches Leben vorbereitet werden. Damit dürfte sich der Wunsch des Gründungsvaters des Schulzentrums, Horst Lässing, auch in den kommenden 50 Jahren erfüllen lassen. Er wünscht sich, dass „die Schule nicht bloß Wissen übertragen, sondern auch die Motivation bei den jungen Menschen wecken soll“.

 

 

Bei der ersten Gesprächsrunde diskutieren der ehemalige Schulleiter Herbert Nonnenmacher, Jürgen Schwab von der Volksbank Backnang, Moderatorin Janina Treis sowie die ehemaligen Landräte Horst Lässing und Johannes Fuchs (von links) gemeinsam auf der Bühne. Foto: Tobias Sellmaier

 

 

Am Infotisch des Technischen Gymnasiums zeigt Lehrerin Barbara Schönberg (zweite von rechts), wie eine Brennstoffzelle funktioniert. Foto: Tobias Sellmaier

 

 

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